Widerstand und die Nachkommen

Jürgen Müller-Hohagen

Nachkomme aus einer Familie zu sein, die Widerstand geleistet hat während des Nazi-Reichs, ist ehrenvoll und mag manchmal von außen mit Neid betrachtet werden. Was davon allerdings den psychologischen und pädagogischen Erfahrungen der Arbeit des Dachau Institut zugrunde liegt, ist von anderer Ausprägung. Hier tauchte nämlich, wenn Menschen sich in solchen Zusammenhängen zu erkennen gaben, eher ein hohes Maß an Beklemmung, tiefer Verunsicherung, sozialer Isolierung, Erlebnissen von Ablehnung und ähnlichem auf. Der 20. Juli und die Weiße Rose sind weithin bekannt, was aber die beteiligten Familien damals und nach 1945 zu ertragen hatten („Vaterlandsverräter“), wird kaum gesehen. In anderer Ausprägung, oft aber ebenfalls mit jahrzehntelangen Beeinträchtigungen verbunden, gilt Ähnliches auch für Familien aus dem eher alltäglichen Widerstand.

So wie auf der einen Seite die besonderen und fortdauernden Belastungen dieser Familien oft übersehen werden, so zum anderen auch deren Hilfsbereitschaft und Einsatz für Menschen und Menschlichkeit, ihr Engagement für politische Ziele oder ihr Beharren auf ethischen Maßstäben, mit dem sie heute einer „flexibilisierten“ Umgebung vielleicht auf den Nerv fallen. Solchen Stimmen aus den Untergründen heutigen Alltags mehr Gehör zu verschaffen, sieht das Dachau Institut als eine seiner Aufgaben an.